Im Kindergarten spielerisch Sprache fördern

von Simone Ammann und Katja Hafner - 28 Juni 2023

Thomas Dütsch, Projektleiter und Eliane Studer, Co-Autorin des neuen Lehrmittels «Deutsch» für den Kindergarten im Interview. Ein Gespräch über Bilderbücher, Sprachförderung und Gestaltungsfreiraum im Arbeiten mit dem Lehrmittel.


Was ist die Grundidee von «Deutsch Kindergarten»?
Thomas Dütsch: Das Lehrmittel initiiert Sprachhandlungen für einen sprachbewussten Unterricht im Kindergarten. Es liefert den Lehrpersonen Anstösse, mit Fokus auf der Sprache.

Das Lehrmittel basiert auf Bilderbüchern. Warum?
Dütsch: Aus sprachdidaktischer Sicht ist das aus verschiedenen Gründen sinnvoll. Es ist beispielsweise erwiesen, dass der Kontakt mit der Bildungssprache, wie sie in Märchen vorkommt, entscheidend ist für den Bildungserfolg. Abgesehen davon, ist es einfach wunderbar, wenn sich eine erwachsene Person Zeit nimmt, ein Bilderbuch zu erzählen und mit dem Kind darüber zu sprechen. Das ist wichtig für die seelische Entwicklung, über das Sprachliche und Literarische hinaus.
Eliane Studer: Es gibt auch eine Begründung aus Praxissicht. Als Kindergarten-Lehrperson geht man sowieso immer von Geschichten aus. So holt man die Kinder ab. Und rund um die Geschichten baut man die Kompetenzen auf. Mit den Bilderbüchern greift das Lehrmittel eigentlich etwas Bewährtes auf und bietet zusätzlich ein konkretes Instrument für die Sprachförderung.

Das Lehrmittel lässt Lehrpersonen viel Gestaltungsfreiraum. Wie darf man sich das vorstellen?
Dütsch: «Deutsch Kindergarten» besteht aus fünf Kapiteln, die sich über die Quintale des Schuljahres verteilen. Pro Kapitel stehen drei Wahlmodule zur Verfügung. Die Lehrperson entscheidet sich jeweils für eines der drei Module. Anfang Schuljahr kann sie beispielsweise mit dem Bilderbuch «Der kleine Biber und das Echo» einsteigen, das neun ausgearbeitete Unterrichtssequenzen beinhaltet. Oder die Lehrperson möchte selbst ein Bilderbuch wählen. Dann arbeitet sie mit Wahlmodul 2, das Sequenzen enthält, die auf fast jedes Bilderbuch adaptierbar sind. Oder sie möchte gar nicht mit Bilderbüchern arbeiten, weil sie beispielsweise eine Klasse mit Kindern hat, die noch gar nicht stillsitzen und zuhören können, dann bietet sich Wahlmodul 3 an. Dieses Modul stellt quasi einen Sack voll spielerischer Sprachförderideen zur Verfügung.


Das heisst, hat man sich für eines der Module entschieden, liegt ein fertiger Fahrplan für den Unterricht vor?
Studer: Ja, aber auch hier hat die Lehrperson nochmal viel Spielraum. Jedes Modul umfasst mehrere Sequenzen. Diese bestehen jeweils aus einem Schwerpunkt, der in jedem Fall durchgeführt werden sollte, und zwei bis drei Bausteinen. Die Bausteine sind Angebote, mit denen das jeweilige Thema vertieft werden kann.


Welche Vorteile bieten diese Wahlmöglichkeiten?
Studer: Im Kindergarten fangen wir eigentlich alle zwei Jahre wieder an. Als Lehrperson hat man vielleicht keine Lust, alle zwei Jahre die Geschichte vom «Kleinen Biber» zu behandeln. Mit den Wahlmodulen 2 und 3 bieten wir Alternativen. Dazu kommt, dass immer zwei Jahrgänge gleichzeitig unterrichtet werden. Eine ausgebildete Kindergartenlehrperson ist in der Lage, die Sequenzen und ihre Bausteine so zu adaptieren, dass sie sie sowohl mit den Kleinen wie auch den Grossen durchführen kann. Die Modularität vereinfacht es zudem, der Heterogenität innerhalb einer Kindergartenklasse gerecht zu werden. Bei der Erprobung von Kapitel 5 zum Bilderbuch «Johanna im Zug» habe ich beispielsweise vier verschiedene Bausteine, in unterschiedlichen Niveaus, parallel zueinander angeboten und die Kinder in Gruppen aufgeteilt.


Welchen Rat möchten Sie Lehrpersonen auf den Weg geben?
Studer: In erster Linie, sich darauf einzulassen, Freude zu haben an der Fülle der Unterrichtsideen und diese als Impulse für die Unterrichtsgestaltung zu verstehen. Es hilft wahrscheinlich, am Anfang mit Wahlmodul 1 einzusteigen und das Ganze von A bis Z durchzuführen, damit die Intention hinter dem Lehrmittel klar wird. Danach braucht es etwas Mut, Inhalte abzuändern oder wegzulassen. Aber das Lehrmittel ist genau so gedacht.

Entwicklung und Team

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«Deutsch Kindergarten» wurde im Austausch mit Kindergarten-Lehrpersonen entwickelt und zu Teilen in verschiedenen Kindergartenklassen erprobt. Für die Inhalte zeichnen Professor Thomas Dütsch von der PH Zürich (Projektleitung), Sinja Balmer von der PH Zug und die beiden Kindergarten-Lehrpersonen Eliane Studer Kilchenmann und Karin Zbinden verantwortlich.


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