Ausgehend vom Handbuch «Deine Sprache – meine Sprache» zeigen wir Stolperfallen auf, die Fremdsprachige beim Deutschlernen haben können. Im Blog stellen wir verschiedene Sprachen vor, heute ist Tamil an der Reihe.
Rund 42000 Menschen sprechen in der Schweiz Tamil. Sie haben ihre Wurzeln grösstenteils in Sri Lanka, wo ungefähr fünf Millionen Tamilsprachige leben. Im benachbarten Südindien leben gut 70 Millionen Menschen tamilischer Muttersprache. Durch Sklavenhandel, Migration und Flucht gibt es auch an zahlreichen anderen Orten auf der Welt tamilischsprachige Bevölkerungsgruppen, unter anderem in Singapur, Südafrika, in den Golfstaaten und den USA. Tamil ist in Indien, Sri Lanka und Singapur eine offizielle Landessprache.
Im Nachschlagewerk «Deine Sprache – meine Sprache» werden die Besonderheiten des Tamilischen ausgeführt und in Bezug zum Deutschen gesetzt. Es richtet sich an Lehrpersonen sowie an Personen, die beruflich oder privat mit Kindern und Jugendlichen nichtdeutscher Erstsprache zu tun haben (siehe Box).
Tamil gehört (wie zum Beispiel auch Türkisch) zu den agglutinierenden Sprachen: Grammatische Funktionen werden durch Suffixe markiert. Das moderne Tamil hat eine eigene Schrift und weist eine Diglossie auf, neben der Schriftsprache existiert also eine Umgangssprache mit verschiedenen Dialekten.
Es gibt im Tamil zahlreiche Einflüsse und Lehnwörter aus dem Sanskrit. Lehnwörter gibt es auch aus dem Arabischen, Persischen, Portugiesischen und Englischen. Tamil hat eine 2000 Jahre andauernde Sprach- und Literaturgeschichte und hat deshalb in Indien den Status einer klassischen Sprache inne.
Nomen werden in Hochklasse (Menschen, maskulin/feminin) und Niederklasse (Dinge, neutral) eingeteilt. Da es keinen bestimmten Artikel gibt, steht meistens ein «diese/r», «jene/r» oder «eine/r» vor den Nomen. Tamil kennt acht Fälle, die Plural- und Fallzeichen werden angehängt.
Im Tamil werden häufig Sätze mit mehreren Verben gebildet und es gibt Haupt- und Hilfsverben. Konjugierte Verbformen stehen meist am Ende des Satzes, dabei sind Genus, Zahl und Zeit nur in diesem markiert. Es gibt Präsens, Präteritum und Futur. Der Konditional wird durch ein Suffix ausgedrückt.
Anstelle von Präpositionen wird im Tamil oft ein Fallzeichen verwendet oder Postpositionen nach Pronomen oder Nomen gestellt. Das bedeutet, dass die Örtlichkeit nicht durch die Präposition gekennzeichnet ist, sondern durch die Nachsilbe – das Wort wird sozusagen verlängert und die Bedeutung hinzugefügt.
Bei den Personalpronomen werden das einschliessende und das nichteinschliessende unterschieden. Pluralformen drücken Höflichkeit aus, Singularformen werden für Kinder sowie Freundinnen und Freunde verwendet.
Der Satzaufbau erfolgt nach dem Muster Subjekt – Objekt – Verb, wobei das konjugierte Verb am Schluss und andere Verben (Infinitiv, Partizip) davor stehen.
Tamil hat eine eigene Schrift und das Alphabet besteht aus 18 Konsonanten, 5 kurzen und 5 langen Vokalen und 2 Diphtongen. Zudem gibt es 5 aus dem Sanskrit übernommene sogenannte Grantha-Konsonanten. Dies und die teilweise grossen Unterschiede in Grammatik und Sprachlogik können eine Herausforderung darstellen für Tamilsprachige, die Deutsch lernen.
Die Umlaute ä, ö, ü sowie der Diphtong eu sind im Tamil unbekannt, ebenso Konsonantengruppen am Anfang oder Ende eines Wortes. Die Ausprache dieser muss eingeübt werden. Auch anlautendes s-, sch- und z-, vor allem in Kombi mit einem Konsonanten sowie das Phonem f können Probleme in der Artikulation bereiten.
Bei der Rechtschreibung sind die Grossschreibung, sowie Dehnungen und Schärfungen einzuführen.
Die Bestimmung des Geschlechts sowie die Plural- und Deklinationsveränderung von Artikeln und Nomen sind im Tamil grundlegend anders als im Deutschen. Dies ist sorgfältig einzuführen.
Die Reihenfolge der Wörter im Zusammenhang mit der Verbstellung bereitet Schwierigkeiten und resultiert in Fehlern wie «ich gehen werde nicht». Auch die im Deutschen übliche Klammerstruktur, bei der Verben durch Nomen getrennt werden, ist unbekannt.
Präpositionen werden von Menschen mit tamilischer Erstsprache oft falsch verwendet, da sie diese aus dem Tamil so nicht kennen. Zudem werden Begriffe wie «vor» und «hinter» im Tamil zeitlich wie örtlich gebraucht, sodass es hier zu Verwechslungen kommt («ich komme hinter drei Tagen zu Besuch» statt «nach drei Tagen»).
«Deine Sprache – meine Sprache» möchte zur interkulturellen Verständigung bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beitragen. Es bietet einen gut verständlichen Einblick in die Struktur und Eigenheiten der 20 häufigsten Migrationssprachen in der Schweiz und in die mit ihnen verbundenen Schwierigkeiten beim Deutscherwerb.
Poster mit illustrierten Hasenreimen in 15 Sprachen. Das Poster kann in 15 Postkarten, A6, ausgeschnitten werden.
Dem Poster sind 8 Blätter mit Übersetzungen und Aussprachehilfen beigelegt.