«Das Weltkulturerbe vermittelt ein Gefühl der Zugehörigkeit»

von Julia Dieziger - 21 März 2024
Logbuch Bild Weltkulturerbe

Manchmal tritt es prominent im Themenheft in Erscheinung, manchmal ergänzend auf der digitalen Lernplattform: Das kulturelle Welterbe spielt im Lehrmittel «Logbuch» eine zentrale Rolle. Peter Gautschi von der PH Luzern ist Projektleiter des Lehrmittels und erklärt, wie Lehrpersonen und Kinder idealerweise damit arbeiten.

Herr Gautschi, wieso ist es wichtig, den Schülerinnen und Schülern kulturelles Erbe zu vermitteln? 

Das Unesco-Weltkulturerbe besteht aus vielen Errungenschaften aus 167 Ländern, die als bedeutend und erhaltenswert gelten. Es sind Objekte und Traditionen, die immer auch ein Spiegel der jeweiligen Gesellschaft und damit der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen sind. Indem sich die Schülerinnen und Schüler damit beschäftigen, können sie Kulturen und Identitäten besser verstehen und wertschätzen. Sie bekommen beispielsweise Respekt vor den grossen Leistungen der Menschen zu anderen Zeiten und in anderen Gegenden, etwa mit den Hochöfen in Burkina Faso aus dem 11. Jahrhundert. Das kulturelle Erbe vermittelt auch ein Gefühl der Zugehörigkeit und hilft dabei, sich in unserer Gesellschaft besser zurechtzufinden. Es fördert die gesellschaftliche Bindung oder, wenn wir einen Fachausdruck verwenden wollen, die soziale Identität. Weltweit gibt es einen Bildungstrend, der in diese Richtung zielt: Mit «Heritage Education» bringen wir den Kindern und Jugendlichen altersgemäss unser kulturelles Welterbe näher.

Wie fliesst das Welterbe in «Logbuch» ein?

Auch bei der Vermittlung des kulturellen Welterbes orientiert sich unser Lehrmittel wie bei allen anderen Themen an den acht Grundbedürfnisse Essen, Kleidung, Wohnen, Reisen, Arbeit, Freizeit, Kommunikation und Sicherheit. Grundbedürfnisse sind etwas Grundlegendes und Überdauerndes, das es zu allen Zeiten gegeben hat und geben wird. Entsprechend lässt sich zu allen Grundbedürfnissen kulturelles Welterbe finden. In «Logbuch» fliesst dieses somit ganz harmonisch in den Unterricht ein. Die Aufgabe der Lehrpersonen besteht darin, das Interesse der Kinder zu wecken.

«Besonders wichtig ist, das Weltkulturerbe in einen Unterrichtsbogen einzubauen.»

Wie gelingt das im Unterricht?

Zum Beispiel, indem die Klassen über ein Rollenspiel oder eine Diskussion in ein Thema einsteigen. Dazu eignen sich die Auftaktseiten sehr gut: Hier gibt es oft Bilder oder Illustrationen von Menschen, deren Geschichte man in der Klasse weiterspielen oder weiterzeichnen kann. Nehmen wir als Beispiel die Auftaktseite zu «Arbeit: Geld, Märkte, Arbeitsorte» von «Logbuch 6»: In der Abbildung stehen Kinder vor einem Essensstand. Was passiert? In einer spielerischen Auseinandersetzung, die auch Freiraum gibt, merken die Kinder und die Lehrpersonen, wo Interesse besteht. Denn nicht alle Kinder haben dieselben Interessen und interessieren sich für dasselbe Weltkulturerbe. «Logbuch» bietet viele Steilvorlagen an für einen interessengeleiteten Unterricht und realisiert dies zum Beispiel mit Illustrationen und Fotos zur Veranschaulichung sowie mit vielen Möglichkeiten zur Differenzierung. Was mir besonders wichtig erscheint ist, dass Lehrpersonen das Weltkulturerbe in einen Unterrichtsbogen einbauen.

Logbuch Abbildung Arbeit

Wie unterstützt «Logbuch» die Lehrpersonen darin, den Unterrichtsbogen zu halten?

«Logbuch» ist ein Lehrmittel, das einen klaren Aufbau und einen roten Faden hat. Wir haben uns gut und genau überlegt, wie der Lernprozess aufgebaut werden muss, um das Lernen optimal zu unterstützen: «Logbuch» ermöglicht das spiralförmige Lernen über die Grundbedürfnisse, die alle zwei Mal vorkommen. Zudem gibt es durch den Aufbau mit Zeit und Raum noch weitere Elemente, die im Hintergrund ebenfalls die Gestaltung eines Unterrichtsbogens fördern: Alle Themenhefte sind chronologisch aufgebaut und fangen bei der Steinzeit an, gehen über die Antike zum Mittelalter hin zur Neuzeit. Und auch die verschiedenen Raumdimensionen werden immer wieder aufgenommen – vom Nahen ins Ferne oder vom Fernen ins Nahe. Dank diesen Bögen wirkt die Integration des Weltkulturerbes nicht aufgesetzt, sondern gut in den Unterricht eingebettet.

Wie verbindet man im Unterricht optimal die gedruckten und digitalen Inhalte?

Bei der Konzeption dieses hybriden Lehrmittels war für uns von Anfang an klar: Print ist fürs Grundlegende, fürs Basale. Print gibt den roten Faden und dient als Wegweiser. Die digitalen Inhalte auf der Lernplattform hingegen sollen dabei unterstützen, die Themen mit einem reichen Angebot an Fotos und Videos anschaulich zu machen, sich in Themen zu vertiefen und zu differenzieren. Das bedeutet auch, dass das Weltkulturerbe manchmal ganz zentral im Print angeboten wird, wie die Rhätische Bahn, und manchmal intensiv im Digitalen bespielt wird, wie die Brücke von Mostar.

Zum Lehrmittel

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«Logbuch» deckt den gesellschaftswissenschaftlichen Teil des Fachbereichs Natur, Mensch, Gesellschaft ab. Das neu entwickelte, unterrichtsleitende Lehrmittel für die Primarschule nimmt die Kinder mit auf eine Reise durch Räume, Zeiten und Gesellschaften.

Zur Person

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Peter Gautschi ist Professor für Geschichtsdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Luzern und Leiter des Instituts für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen. Als Projektleiter Inhalt wirkt Gautschi wesentlich an der Entwicklung der Lehrmittelreihe «Logbuch» mit.


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